Dortmunder Boxsport 20/50 e.V.                

Interessante Informationen aus dem Dortmunder Boxsportlager der Jahre zwischen 1896 und 1944

Erster (namentlich bekannter) Dortmunder Amateurboxer:

Teffert vom Turnverein Brackel. Wird bereits 1896 als Sieger eines Vereins- Wettbewerbs im Rahmen eines Gartenfestes genannt Leider ist der Name seines Gegners nicht überliefert, der ja ansonsten auch als Dortmunder Boxpionier in die Annalen eingegangen wäre.

Erste Dortmunder Vereinsstaffel: Dortmunder Boxsport 20

Wann allerdings zum ersten Mal eine komplette Vereinsstaffel in den Ring kletterte, ist leider nicht festgehalten worden.

Für Februar 1921 ist aber durch die heimische Presse festgehalten worden, dass drei Faustkämpfer im 4.Bezirk Meister wurden. Genannt werden Ive Helmer, Hans Munzinger und Anton (Toni) Tausch. Wenig später sind es bereits acht Akteure, die in Bochum an den Start gehen. Mit fünf Erfolgen kehrte man nach Dortmund zurück.

Das oben erwähnte Trio gehörte also zur ersten Garde, die der Klub aufbieten konnte. Dazu kam zweifellos auch Richard Meyer, der zusammen mit Toni Tausch die treibende Kraft zur Gründung der Dortmunder Boxsportbewegung gewesen ist. Beide hatten ihren Sport während des 1. Weltkriegs in England für sich entdeckt, ihn nach der Entlassung aus dem Wehrdienst in der Heimat weiter perfektioniert. Den beiden Praktikern blieb es vorbehalten, die auszubildenden Faustkampf-Eleven einem geregelten Training zuzuführen.

Zu den "Männern" der ersten Stunde - damals sicher noch Jünglinge - gehörte ohne Frage auch der Halb- bzw. Schwergewichtler Jansen. Er musste aber schon früh den Verein verlassen, da er berufsbedingt nach Münster verzog. Jansen stand in Polizeidiensten und wurde bereits Anfang der 1920er Jahre als Dortmunder Polizeimeister erwähnt. Kurios insofern, da der hiesige Polizei-Sportverein erst ab 1925 eine Faustkämpfer-Abteilung unterhielt. Wahrscheinlich boxte die Polizei schon damals, zunächst wohl ohne eigene Abteilung, innerhalb des Sportverbundes.

In seiner Zeit in Münster wurde Jansen später Deutscher Polizeimeister.

Weitere Akteure aus der unmittelbaren Gründerzeit waren Gröning, Slupek, Lindner, Günze, Pfisterer und Weese, dazu gesellten sich danach Gnüge, Tillhard, Hebenstreit sowie Heinrich Vahlkamp. Aus diesem Kader dürfte sich demnach auch die erste Vereinsstaffel rekrutiert haben.

Erster Deutscher Meister aus Dortmund: Erich Trippe (Dortmunder Boxsport 1920)

Erich Trippe schaffte als 16jähriger (!) die Sensation, im Seniorenlager 1923 Deutscher Meister im Bantamgewicht zu werden. Der junge Bursche aus der Nordstadt, der in Brasilien als Sohn deutscher Eltern geboren wurde und über Altenessen noch vor seiner Einschulung den Weg nach Dortmund fand, schlug in Würzburg damals erfahrene, routinierte Kämpfer aus Hamburg und Berlin, die dem Nachwuchs an Erfahrung einiges voraus hatten, aber letztlich an der unbeugsamen Moral Trippes scheiterten.

In den folgenden Jahren erreichte er fast regelmäßig bei den Meisterschaften die Finalrunde, um erst hier an den jeweiligen Siegern zu scheitern. Hartnäckigster Gegner blieb um 1926/27 der "rote" Kölner Jacob Domgörgen, gegen den er zweimal knapp (und umstritten) verlor (jetzt schon im Leichtgewicht startend). Seinen Erfolgen auf nationaler Bühne folgten logischerweise auch Länderkampfeinsätze für den Deutschen Reichsverband für Amateurboxen.

Stationen seiner erfolgreichen Karriere: Deutscher Meister, zwei Vizemeisterschaften und ein 3. Platz. Dazu gesellten sich zwei Titel bei den Westdeutschen Meisterschaften, sechs Westfalenmeisterschaften und der Gewinn der Dortmunder Stadtmeisterschaft.

Da es 1923 noch keine direkten Jungendmeisterschaften gab, konnte der für einen Verein zuständige Landesverband Junioren bei entsprechenden körperlichen Voraussetzungen in Kooperation mit dem zuständigen Arzt eine Sondergenehmigung erteilen, durch die einem Start nichts mehr im Wege stand. So schaffte es Erich Trippe, nach Gewinn der Westdeutschen Meisterschaft in Düsseldorf die Fahrkarte nach Würzburg zu lösen.

Erster Deutscher Jugendmeister aus Dortmund: Alfred Mainzer (Betriebssportgemeinschaft Hoesch - Boxabteilung)

Mainzer errang seinen Titel 1940 im Leichtgewicht. 1939 hatte er bereits am Erfolg "schnuppern" dürfen, doch reichte es damals "nur" zur Vizemeisterschaft. Günter Bauks von den Boxfreunden Körne (heute Viktoria 08) erkämpfte sich seinerzeit einen hervorragenden 3. Platz in der gleichen Gewichtsklasse.

Alfred Mainzer entschied sich nach Kriegsende Berufsboxer zu werden. Kämpfte damals gegen den bereits "in die Jahre" gekommenen Karl Schmedes unentschieden.

Erfolgreichster Dortmunder Amateurboxer: Rudolf (Rudi) Pepper

Pepper gewann nicht weniger als fünf Deutsche Meistertitel (1939,1940,1942,1943 und 1944). Er verpasste 1941 seine sechste Meisterschaft, als er im Finale führend, gegen den Hamburger Kurt (Kuddel) Schmidt wegen eines Tiefschlags disqualifiziert werden musste.

Pepper war extrem kurzsichtig, was sich aber bei der Präzision seiner allseits gefürchteten Leberhaken kaum nachteilig auswirkte. Wahrscheinlich ist dem guten Rudi damals eben dieser "Spezialschlag" etwas zu tief nach unten gerutscht, was zur Folge hatte, dass der eigentlich schon geschlagene Schmidt nicht mehr weiterkämpfen konnte (oder wollte) und sich auszählen ließ. Der clevere Bursche von der Alster wusste natürlich die Situation zu nutzen, wer wollte es ihm verdenken?

Rudi Pepper vertrat außerdem 1941 das Fachamt für Amateurboxen, Nachfolgeorganisation des Reichsamtes, bei den Europameisterschaften in Breslau, sollte aber eine Klasse höher (im Halbschwergewicht) die deutschen Farben vertreten.

In Dortmund wurde diese Entscheidung der Verantwortlichen mit Kopfschütteln zur Kenntnis genommen. Noch Wochen nach den Meisterschaften gab es heftige Kritiken, die Leser der heimischen Zeitungen luden ihren Zorn in den Redaktionsstuben ab. Der Verband sah sich schließlich genötigt, in der Presse die damalige Situation aus seiner Sicht darzulegen.

Was war geschehen? Die Europameisterschaften in Breslau verliefen anders als sonst. Jedes teilnehmende Land durfte für jede Gewichtsklasse zwei Faustkämpfer benennen. Und hier begann das Lotteriespiel des Verbandes! Die Herren in Berlin verfügten 1941 über drei erstklassige Mittelgewichtler: Schmidt, Baumgarten (beide aus Hamburg) und Rudi Pepper.

Der Dortmunder nahm in der Rangfolge ohne Frage den Spitzenplatz ein, seine Erfolge in ganz Europa sagten mehr als tausend Worte. Folglich, so die Kalkulation der Verbandsführung, konnte Pepper auch im Halbschwergewicht eingesetzt werden. Seine Klasse sollte sich auch hier durchsetzen. An seine Seite wurde der Kölner Profitlich berufen.

Für das Mittelgewicht blieben somit die beiden Hamburger erste Wahl. Man spekulierte auf den Gewinn der Titel in den erwähnten Gewichtsklassen, denn auch Schmidt und Baumgarten hielt man für fähig genug, das Turnier zu gewinnen.

Es wurde letztlich ein Reinfall auf der ganzen Linie! Die Spekulanten aus Berlin hatten zu hoch gepokert!

Weder im Mittelgewicht noch in der nächst höheren Klasse regnete es Goldmedaillen. Pepper erledigte seinen Job im Halbschwergewicht - den Umständen entsprechend - eigentlich ganz gut. Er erreichte auch das Halbfinale und unterlag hier dem späteren Turniersieger, dem Dänen Christensen, höchst umstritten nach Punkten. Obwohl der Skandinavier alle Voreile auf seiner Seite wusste wie Größe, Reichweite und erhebliche Gewichtsvorteile in das Gefecht werfen konnte, behielt sein Sieg einen faden Beigeschmack. Viele sahen den Dortmunder in Front, aber die Punktrichter entschieden sich für Christensen.

Das Paradoxe folgte am Schluss: Profitlich, der weder über die Klasse noch über die Erfolge des Westfalen verfügte, schaffte in der anderen Gruppe den Einzug ins Finale, in dem er zwar dem Dänen unterlag, aber eben vor Pepper die Silbermedaille gewann. Rudi musste sich mit dem undankbaren dritten Platz zufrieden geben.

Und warum zürnten die Dortmunder Boxsportfreunde? Weil sie ganz sicher waren, dass Rudi Pepper in seiner angestammten Mittelgewichtsklasse überlegen Europameister geworden wäre! Wer hätte ihn in Breslau schlagen sollen - es gab Anfang der 40er Jahre keine nennenswerte Konkurrenz auf dem Kontinent. Der Dortmunder war ein Ausnahmeboxer, technisch fast perfekt und mit einem harten Schlag ausgestattet.

So hat der Verband letztendlich dafür gesorgt, dass Pepper kein Europameister wurde!

Rudi Pepper erlernte das Boxhandwerk bei Punching 22 (der Verein mit dem irreführenden Gründungsjahr entstand erst 1930 aus einer Fusion zwischen der Boxabteilung von Borussia Dortmund und Germania 22). Mitte der 30er Jahre wechselte er zur Betriebssportgemeinschaft Hoesch; dort reifte er unter der Leitung Otto Bürgers zu einem Spitzenkönner der deutschen Amateur-Boxszene.

Seinen ersten Meistertitel 1939 errang er übrigens ebenfalls im noch jugendlichen Alter von 17 1/2 Jahren, als er in Essen den bereits erwähnten Adolf (Addi) Baumgarten aus Hamburg in einem knallharten Gefecht einwandfrei nach Punkten schlagen konnte. Baumgarten war bereits 1936, 1937 und 1938 Meister geworden und vertrat die deutschen Farben in vielen Länderkämpfen. Also nicht irgendein beliebiger Endkampfgegner!

Addi Baumgarten fiel 1942 an der Ostfront.

Direkt nach Rudi Pepper muss Karl Schmedes genannt werden, der beim Dortmunder Boxsport 20 groß wurde und 1933 erstmals die deutsche Leichtgewichtskrone auf den westfälischen Schädel setzen durfte - genau 10 Jahre nach dem Titelgewinn seines Sportkameraden Erich Trippe, der den jungen Faustkämpfer nun als Trainer betreute.

Aber schon vor 1933 galt Schmedes als der "kommende Mann" im Leichtgewicht. Länderkampfeinsätze erfolgten bereits ab 1928, wobei amtierende Deutsche Meister oft keine Berücksichtigung fanden.

Nach der gewonnenen Meisterschaft in Berlin verteidigte er seinen Titel 1934 erfolgreich in Nürnberg, damit verbunden war gleichzeitig die Auszeichnung "Deutscher Kampfspielmeister".

Bei den Europameisterschaften in Ungarn - ebenfalls 1934 - errang er einen dritten Platz und schaffte damit den Sprung auf das Treppchen als Gewinner der Bronzemedaille.

1935 erfolgte der dritte Titelgewinn, jetzt wieder in Berlin.

Im folgenden Jahr gewann er in seiner Heimatstadt, in der Dortmunder Westfalenhalle, erneut die Leichtgewichtsmeisterschaft, als er seinen alten westfälischen Widersacher Herbert Jakubowski aus Bochum sicher nach Punkten bezwang.

Schmedes gehörte dann im Spätsommer zum Olympia-Aufgebot der deutschen Amateurboxer für Berlin. Er hatte dabei das Pech, in der qualitativ am stärksten besetzten Gewichtsklasse (Leichtgewicht) starten zu müssen. Das Los bestimmte den Philippinen Padilla als Auftaktgegner, gegen den er überraschenderweise nach Punkten verlor. Der Dortmunder galt bei den Verbandsoberen als international bewährtester Boxer, der auch in Länderkämpfen der Staffel als Kapitän vorstand. Um so enttäuschender die Niederlage, die eigentlich niemand ernstlich auf der Rechnung hatte. Damit war Schmedes als erster deutscher Fighter draußen - und das nach der zweijährigen Quälerei im Vorbereitungslager im Harzer Städtchen Benneckenstein und noch später in Wünsdorf!

Frustriert erklärte er im Herbst in Dortmund seinen Rücktritt vom Boxsport und beabsichtigte, nach einem letzten Kampf vor seiner nach wie vor großen Anhängerschaft die Handschuhe an den berühmten Nagel zu hängen.

Ein weiteres Jahr später - nach einer längeren Phase des Überdenkens seiner Entscheidung - begann er dann doch wieder mit dem Leistungssport. Von seiner Klasse hatte er in der Klausur nichts eingebüßt, mit seinen inzwischen 29 Lenzen befand sich Schmedes immerhin noch im besten Boxsport-Alter. Wie in den vergangenen Jahren gewann er auch jetzt noch die meisten seiner Kämpfe - bis 1939 sein Verein, der Dortmunder Boxsport 20, durch die mittlerweile widrigen Bedingungen (der 2.Weltkrieg hatte begonnen) den Sportbetrieb einstellen musste. Der Faustkämpfer Karl Schmedes, der nicht schon wieder "seinen Abschied" einreichen wollte, schloss sich der Boxabteilung der Dortmunder Edelstahlwerke an.

Der "alte" Haudegen wurde noch einige Male Westfalenmeister und erreichte 1941 sogar noch einmal den Endkampf um die deutsche Leichtgewichtsmeisterschaft. Hier verlor er dann nach Punkten gegen Herbert Nürnberg, der sich inzwischen als würdiger Nachfolger des Dortmunders in der leichten Klasse durchgesetzt hatte.

Das Fachamt für Amateurboxen honorierte seinen Erfolg bei den Meisterschaften mit der Berufung für den Länderkampf gegen die Slowakei. Er, der eigentlich längst seine internationale Karriere beendet hatte, verließ als hoher Punktsieger dann endgültig die europäische Bühne.

Insgesamt bestritt Schmedes über 40 Einsätze für den Deutschen Amateur-Boxverband, darunter Pokaltumiere, Zweitstarts der Nationalstaffel, die Europameisterschaften 1934 in Ungarn sowie die Teilnahme an den Olympischen Spielen in Berlin.

Der nochmalige Einsatz gegen die Slowakei war der 20. offizielle Länderkampf, von denen er keinen einzigen verlor. 18 Siege und zwei Unentschieden bedeuteten nach Ende seiner Laufbahn eine geradezu makellose Bilanz, die damals nur noch von dem Altintemationalen Hans Ziglarski erreicht worden ist.

Als Schüler begann er seine sportliche Laufbahn zunächst als Turner. Er war eingeschriebenes Mitglied im Turnverein "Jahn Dortmund", wo er im April des Jahres 1921 anläßlich einer großen Veranstaltung namentlich erwähnt wird.

Es wurden damals im Saal der "Wartburg" die besten Schüler eines Wettkampfes vom 20. März ausgezeichnet.

In der Oberstufe (also die Klasse der älteren Schüler) belegte Karl Schmedes mit 52 Punkten den 5. Rang (unter insgesamt 61 Teilnehmern).

Später tauschte er die Turnkleidung mit dem Dress eines Boxsport-Vereins. Ebenfalls noch als Schüler schloss er sich dem "Boxsport 20" an, der quasi fast vor der Haustür seine Trainingsstunden abhielt.

Die Familie Schmedes wohnte in der Zimmerstraße 56, das Übungsquartier des Vereins befand sich im Saal des Gastwirtes Sebastian Siewers in derselben Straße (Nr. 28).

Nach Kriegsende boxte Schmedes noch eine Weile als Profi; mit seinen inzwischen 39 Jahren ging es dabei sicher nicht mehr um Titel und Medaillen, sondern nur noch darum, mit dem Erlernten und den dürftigen Gagen seine Familie in einer Zeit, in der Hunger ein tägliches Thema war, über Wasser zu halten.

Erster Dortmunder Nationalstaffelboxer:

Unschwer zu erraten: Erich Trippe. Er war in den 20er Jahren in Dortmund die Galionsfigur der heimischen Sportbewegung, nicht nur bei den Faustkampffreunden! Es sollte noch eine Weile dauern, bis er von Willi Markert (Teutonia Dortmund) 1928 und Karl Schmedes - ebenfalls ab 1928 - im Dress der Nationalstaffel abgelöst wurde.

Innerstädtische Veranstaltungsstätten:

Die Dortmunder Amateurboxer fanden relativ schnell Gastwirte und Kinobetreiber, die bereit waren, ihnen gegen einen Mietzins ihre Säle zu überlassen. Schon bald gehörten die renommiertesten Häuser der Stadt zu den Veranstaltungsorten, die immer wieder bei Vereinskämpfen gebucht wurden. Für die Gastronomen bedeuteten solche Boxvergleiche natürlich auch immer außerplanmäßige Umsätze, da neben der Saalmiete der Verzehr, aber wohl hauptsächlich der Bierkonsum durstiger Faustkampfanhänger eine willkommene zusätzliche Einnahmequelle darstellten.

Was heute selbstverständlich ist. nämlich städtische Einrichtungen wie Turnhallen oder etwa Schulaulen für Veranstaltungen zu nutzen, scheint in den früheren Jahren überhaupt kein Thema gewesen zu sein. Von Beginn an richteten sich die Blicke der Klubs auf private Betreiber, die entsprechende Saalkapazitäten anzubieten hatten. Und das galt eigentlich für das gesamte Reich! Veranstaltungen fanden praktisch immer in Gastronomiebetrieben statt - das ungeschriebene Gesetz galt auch für Dortmund.

Da die Lokalitäten häufig wechselten, blieb den Boxsportvereinen in den 20er Jahren kaum anderes übrig, als ein unstetes Nomadenleben zu führen, jedenfalls was die Hallenfrage betraf. Immer wieder mussten Transporte organisiert werden, um etwa den Boxring in den jeweiligen Saal zu schaffen, in dem veranstaltet werden konnte.

Und jede Veranstaltung kostete Geld - nämlich Miete - wenn nicht mit dem Betreiber Sonderkonditionen vereinbart wurden, etwa über den allgemeinen Verzehr. Wenn es ganz besonders günstig lief, weil ein großzügiger Mäzen schon mal den Saal kostenlos zur Verfügung stellte, floss der Zugewinn in die Vereinskasse. (So geschehen während der Ruhrbesetzung 1924, als der Faustkampf-Förderer Otto Haselhoff seinen "Bierpalast" in der Münsterstraße mindestens zweimal dem Boxsportverein "Germania 22" mietfrei anbot.)

Hier nun die genutzten Veranstaltungsstätten:

Reinoldushof, Kölnischer Hof, Saal des Gewerbevereins, Saal der Börse, Olympiatheater, Kabarett Groß-Dortmund, Hobertsburg, UfA-Palast, Odeon-Theater, Tivoli-Theater, Capitol-Theater, Fredenbaumsaal (dieser Saal war damals vom Fassungsvermögen der größte in Deutschland!), Sängerheim, Goldsaal (Westfalenhalle), Siewer'scher Festsaal, Flender'scher Saal, Saal der Gaststätte Löcke, Saal Berliner, Walhalla-Theater und der große Speisesaal (Kasino) der Fa. Hoesch.

Später boxte dann die junge Staffel der Werkssportgemeinschaft Hoesch im Saal der Gaststätte Tobien in der Hirtenstraße (Borsigplatz). Mitte der 30er Jahre gab es dann den nächsten "Umzug" in die Börse, wo man in der Innenstadt mehr Zuschauerpotenziale erreichen konnte.

Wo wurde in den heutigen Dortmunder Vororten geboxt?

Gaststätte Ziegler (Dorstfeld), Parkhaus, Turnhalle, Casino Schönau, Saal der Gaststätte Grasekamp (?) (Barop), Berkel (Huckarde), Kalthoff, Lokal Dreyer (Brackel), Funkenburg, Risse, Heinke, Sportplatz (Körne), Gaststätte Externberg, Lokal Becker (Eving), Stiftshof, Reimann, Goystadion (Hörde), Specht (Lütgendortmund), Volksgarten, Gemeindesaalbau Asselmann, Festsaal Golz, Westfalenhof/Kaffsack (Mengede), Finger, Oespel.

Andere Häuser, wie etwa in Aplerbeck (Postkutsche ?), Marten oder Bövinghausen, sind in den früheren Berichterstattungen über Boxveranstaltungen in den Orten nicht sonderlich erwähnt worden, so dass hier keine genaueren Angaben möglich sind.

Die Dortmunder Amateur-Boxsportvereine aus der Gründerzeit bis Ende 1925:

(Hinter den Vereinsnamen das jeweilige Gründungsjahr)

Dortmunder Boxsport VfL 1920 (1920); Boxsport Olymp Dortmund (1920); Goliath Mengede - Boxabteilung (1920); Alemannia - Boxabteilung (1922); Boxsport Germania (1922); Dortmunder Faustkämpfer (1922); Hörde 22 - Boxabteilung (zwischen 1923/24); Dortmunder Sportverein für Schwer- und Leichtathletik - Boxabteilung (1923/24); Merkur 07 - Boxabteiiung (1924); B V. B. Borussia Dortmund 09 - Boxabteilung (1924); Eintracht Eving Lindenhorst - Boxabteilung (1924); Heros Dortmund - Boxabteilung (1925); Boxring Süd (1925); Baroper Arbeiter-Boxsport (1925); Volkssport Teutonia -Boxabteilung (1925); Boxsport 25 Lütgendortmund (1925); Polizei-Sportverein -Boxabteilung (1925); Trutmannia (1925) und Hakoha - Boxabteilung (1925).

Hier habe ich mit Absicht einen "Break" eingefügt, Einfach um an die ungeheure Aufbruchstimmung zu erinnern, die viele Boxsportpioniere erfasst hatte. In gut einem halben Jahrzehnt gründeten sich sage und schreibe 19 Vereine bzw. Boxsport-Abteilungen! Nie wieder danach haben in so einem kurzen Zeitraum so viele Klubs in Dortmund für ihren Sport mobil gemacht!

Dortmunder Amateur-Boxsportvereine nach 1925 bis Kriegsende:

Bar Kochba - jüdischer Nachfolgeverein seines Vorgängers "Hakoha" (ab 1926); Boxring 27 (1927); Boxring Bövinghausen (1927); Westfalia Mengede - nach der Trennung vom Kraftsportverein "Goliath" gründet die Boxabteilung einen eigenständigen Faustkampf-Verein (1929); S. C. Aplerbeck - Boxabteilung (1929); Dortmund-Hörder Hüttenverein - Boxabteilung - Werk Hörde (vor/nach 1929); Boxring 29 Brackel. Ebenfalls erwähnt eine Zeitung den "Ring- und Boxklub Kirchlinde", der aber wohl nur im Ringerbereich tätig war. Jedenfalls sind die Aktivitäten von Boxern in der Folge nicht bekannt. Sportgemeinschaft Hoesch - Boxabteilung (1930); Boxfreunde Hörde (vor/nach 1930); Arminia Marten - Boxabteilung (1930); Boxsport 1930 Eving (1930); Westfalen Dortmund (1930); Boxring Oespel (1930); Punching 22 Zusammenschluss der Vereine "Borussia Dortmund " und "Boxsport Germania" unter neuem Namen (1930); Dortmund-Hörder Hüttenverein - Boxabteilung - Werk Dortmund (1930); Bsp. Dortmund-Nord (um 1930); Vereinigte Stahlwerke (V. f. L) - waren auch zeitweise unter dem Namen Vestag bekannt (um 1930 ); Boxfreunde Körne (1931); Westen Dortmund (1931); B. C. Barop (1933) Boxfreunde 29 Hörde - Fusion der Box-Abteilung des Dortmund-Hörder Hüttenvereins (Werk Hörde) und den "Boxfreunden Hörde". Die Werksstaffel war auch unter dem Kürzel "29er" bekannt, daher der neue Name "Boxfreunde 29 Hörde" (ab 1934); Westfalia 91 Somborn - der "Boxsport 25 Lütgendortmund" gibt seine Eigenständigkeit auf und schließt sich einem Stahlwerk in Somborn als Boxsport-Abteilung an. Es könnte sich hierbei um die Firma Tönnshoff gehandelt haben (1936); Deutsche Edelstahlwerke - Boxabteilung. Übertritt des "Boxring 27" in die Werk-Sportgemeinschaft der Edelstahlwerke als Boxabteilung (1936); Sport-Gemeinschaft Mengede - auch hier gab es einen Zusammenschluss mehrerer Vereine verschiedener sportlicher Disziplinen zu einer Sportgemeinschaft in Mengede. Dazu gehörte nun auch "Westfalia Mengede". Von da ab starten die Boxer unter "Sport-Gemeinschaft Mengede" (1938); Boxfreunde Dortmund 31 - die Boxfreunde Körne werden nun "städtisch" und erhalten einen neuen Namen (1940); Box-Club 42 Barop (1942).

Zum Verein Freie Faustkämpfer Dortmund ließen sich keine näheren Angaben finden. Er war dem Arbeitersport angeschlossen, trat aber ansonsten nicht öffentlich in Erscheinung. Vielleicht gab es Mitteilungen in den Blättern der Bewegung, aber in den damals verbreiteten Tageszeitungen finden sich keine Hinweise über Aktivitäten, etwa über Veranstaltungen.

Ein verfügbares Foto (im Fritz-Hüser-Institut) zeigt nur eine Anzahl Schüler, die hier fälschlicherweise als "Staffel" bezeichnet werden. Trainer war damals Otto Bürger, selbst erfolgreicher Amateurboxer und späterer Coach von Rudi Pepper und in den 50er Jahren auch Cheftrainer von Heinz Neuhaus.

Insgesamt also 46 Vereine/Boxabteilungen, die von 1920 bis 1942 zur allgemeinen Wertschätzung des Boxsports in Dortmund beigetragen haben, manchmal mehr, manchmal weniger. Denn bei einigen blieb es bei den Versuchen, im Konzert der Etablierten mitzuspielen. Vielleicht fehlten die entsprechenden Faustkämpfer, möglich aber auch, dass der Boxsport nicht überall gleichermaßen zielstrebig vorangetrieben wurde, weil eventuell in den Mehrspartenvereinen andere Disziplinen größere Prioritäten besaßen.

Rolf Schürmann - (2. überarbeitete und erweiterte Fassung)

Quellen: Zeitungsforschungs-Institut Dortmund Fritz-Hüser-Institut Dortmund

                                         Ring frei - Rolf Schürmann -